Greuliche Politiker und gräuliche Eminenzen
Uns beschäftigen in diesem Forum die „Rechtschreibreform“ und die politischen und gesellschaftlichen Kräfte, die sie uns unterjubelten. Das Forum „Freigeist Weimar“ widmet sich in ähnlicher Weise der Religionskritik. Die Überschneidung der Themen ist gering, tritt aber mitunter doch zutage.
Siegfried R. Krebs, der Betreiber und häufige Rezensent, schreibt und zitiert bewährt, allerdings auch reformierte Texte, was mitunter verunsichert. Hier nur ein Gedanke aus dem Buch von Uta Griechen „Gibt es Gott, und wenn ja, warum nicht?“ („reformiert“ im Tectum-Verlag): »Gleich im Vorwort geht Uta Griechen auf eine klerikale Aussage ein, daß der Atheismus auch nur eine Art Religion sei. In der ihr eigenen, humorvollen Art kontert sie: „Das ist natürlich Blödsinn, denn dann könnte man zum Beispiel 'Nichtbriefmarkensammeln' auch als Hobby bezeichnen. (S. 13/14) « ( freigeist-weimar.de 3.12.2013)
Interessanter für unser Thema ist die Beobachtung des Linken-Politikers Ralf Michalowsky über die (in diesem Fall religiöse) Gruppendynamik und die gegenseitige Anpassungsbereitschaft der gesellschaftlichen Kräfte:
Über die religiöse Inkontinenz bekannter Partei-Politiker
[Bild: Taufurkunde „Ein solches Dokument befördert in Deutschland politische Karrieren ganz ungemein.“] ...
Zunächst werden Politiker genannt, die mit ihrem Aufstieg demonstrativ auch eine plötzliche Neigung zu den Kirchen entdeckten:
Hannelore Kraft (SPD) , Bodo Ramelow (LINKE), Peer Steinbrück (SPD) »kehrte nach 40jähriger kirchlicher Abstinenz in deren Schoss zurück. Zwischen den religiös-tumpen Thierse und seine Kirche passt kein Blatt Papier. Der blamable Pippi-Langstrumpf-Verschnitt Andrea Nahles (SPD) meint gar, dass die Trennung von Staat und Kirche weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung von Demokratie sei.« Ferner Katrin Göring-Eckardt (GRÜNE), Manuela Schwesig (SPD), Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)...
»Die Liste der Wiederkehrer aus der Politik läßt sich beliebig verlängern. Was aber reitet diese Menschen? Auf Facebook schrieb ein SPD-Genosse: In der SPD¹ tritt einem Menschen, der in der Partei Karriere machen möchte, an einem bestimmten Punkt Gott in den Weg. Wenn man dann nicht glaubt, muss man dran glauben; dann wird man eiskalt abgesägt von den religiösen Seilschaften in den oberen Etagen.
An den Seilschaften arbeiten Kirchenlobbyisten kontinuierlich; ganz hochoffiziell gibt es sogar Bevollmächtigte bei Regierung und Parlament. Beim Bundestag heißt der Mann Martin Dutzmann, er wechselte erst im Oktober vom Militärbischof zum Seilschaftsbeauftragten der evangelischen Kirche. Als DIE LINKE im Mai 2010 in den Landtag von Nordrhein-Westfalen einzog, konnte ich als Parlamentarischer Geschäftsführer die Bemühungen des Kirchenlobbyismus hautnah erleben. Dort hieß der Beauftragte des Evangelisches Büros Rolf Krebs. Evangelisches Büro ist die Kurzform für das Amt des Beauftragten der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung in den deutschen Bundesländern. Drei Wochen nach der Landtagswahl erreichte mich aus besagtem Büro die Anfrage, welchen Glaubensgemeinschaften unsere 11 Abgeordnete zuzurechnen seien. Fast täglich hielt der Mann sich im Landtag auf und eine seiner willigsten Helferinnen war die Parlamentarische Geschäftsführerin der GRÜNEN, Sigrid Beer. Ihr Studium der Theologie (Abschluß Dipl-Päd.) blieb nicht ohne Wirkung. Seit 2010 ist sie Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen. [...]«
Ralf Michalowsky
freigeist-weimar.de 4.12.2013
Was Wunder, daß bei solcher Verquickung auch die „Rechtschreibreform“ bei den Kirchen auf keinerlei Widerstand stieß, sie sich im Gegenteil mit dieser als besonders „fortschrittlich“ zu erkennen gaben, obwohl dadurch in Millionen Bibeln „greuliche Götzen“ zu „gräulichen“ werden mußten.
¹) ... der Partei August Bebels!
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