Schmierenstück und Putsch
Sarah Wagenknecht im Bundestag am 29.6.2012
Das ist ein kalter Putsch gegen das Grundgesetz
Sie retten nicht den Euro, sondern Sie retten die Euros der Millionäre. Dann seien Sie wenigstens so ehrlich und sagen das den Bürgern. Sagen Sie ihnen, daß sich der soziale Bundesstaat, den das Grundgesetz festschreibt, mit den vorliegenden Verträgen erledigt hat. Sagen Sie ihnen, daß sie in Zukunft auch in Deutschland ein Parlament wählen dürfen, das nicht mehr viel zu sagen haben wird; denn auch Deutschland gehört zu den Ländern, deren Staatsverschuldung weit über dem liegt, was der Fiskalpakt verlangt. Sagen Sie den Menschen, daß das ein kalter Putsch gegen das Grundgesetz ist.
Die „junge Welt“am 3.7. in traditioneller Rechtschreibung.
(Auf ihrer Homepage verwendet die Bundestagsabgeordnete allerdings, Vorschrift ist Vorschrift, die reformierte Rechtschreibung.)
In der rechtskonservativen Presse ist, ebenfalls in richtiger Rechtschreibung, die Beurteilung ähnlich, nur daß der Widerstand der Linken nicht gewürdigt wird:
Bleiben wir – entgegen der Chronologie – zunächst in Berlin, wo am Freitag in einer spätabendlichen Sitzung ein Gesetz durch das Plenum gepeitscht wurde, das den deutschen Staatshaushalt und letztlich das deutsche Volksvermögen einem internationalen Gremium übereignet, in dem Deutschland nicht einmal ein Vetorecht besitzt. Der Vertrag soll auf ewig gelten. Damit nicht genug, waren wenige Stunden zuvor in Brüssel die deutsche Kanzlerin brutal überspielt, die Vergabekriterien aufgeweicht und die politischen Voraussetzungen fundamental verändert worden.
Hätten die Abgeordneten nur ein Fünkchen politischer Selbstachtung besessen, sie hätten auf der Verschiebung der Abstimmung bestanden. Stattdessen winkten sie das Gesetz in Blockparteien-Manier durch – abgesehen von ein paar Abweichlern sowie der Linkspartei, die freilich nur ihr eigenes, antinationales Süppchen kocht. Eine Nachtsitzung des Bundesrates vollendete das Schmierenstück.
jungefreiheit.de 7.7.2012
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