Wie das Twen-Teenie-Magazin „bento“ versucht, Deine Sprache umzudrehen!
So lautet die Überschrift des Textes einer Hanna Zobel bei „bento“ (10.5.2017) natürlich nicht, sondern: Wie Politiker mit Sprache versuchen, dich auf ihre Seite zu ziehen Die Jungjournalistin versucht, die Sprachforschung der Linguistin Elisabeth Wehling den Bento-Lesern nahezubringen und sie zugleich in die gewünschte „richtige“ Richtung zu drehen. (Fett original, rot redaktionell) Über Wortwahl nachzudenken hat nicht nur etwas mit politischer Korrektheit zu tun: Sprache verändert unser Gehirn – und damit auch unser Handeln. Das sagt Sprachforscherin Elisabeth Wehling. Sie ist Expertin auf dem Gebiet, hat Donald Trumps Wahl-Kampagne intensiv studiert ...
Dein Gegenüber versucht vermutlich, dich von seiner Meinung zu überzeugen. Da hilft es, einige Techniken zu erkennen...
1. Fakten? Sind dir doch egal!
Wir können Fakten nicht rein rational verarbeiten, sagt Wehling. Das Gehirn braucht eine Hilfestellung, eine Einordnung. Eine Perspektive auf den Fakt. In der Psychologie nennt sich das Framing.
Ohne die Referenzrahmen kann unser Gehirn Fakten nicht verarbeiten. [z.B. „halb voll“/„halb leer“]
...
Warum glauben Menschen Populisten? Warum sind ihnen Fakten oft völlig egal? Und wie konnte jemand wie Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewinnen?! .. und schon hat Fräulein Zobel eine Gruppe abgewertet und die Bento-Leser unmerklich auf die „bessere“ Seite gezogen. • Wörter wie Flüchtlingswelle, "-flut oder "-strom sind gefährlich. ... Eine Welle hat keinen offensichtlichen Ursprung. Sie ist nicht menschlich. Dadurch entsteht im Gehirn bei diesen Wörtern keine Verbindung zu den geflüchteten Menschen, es entsteht keine Empathie.
Auch der Wortteil Flüchtling hilft dabei nicht. Weil es ein männliches Wort ist, löst es im Gehirn eher bedrohliche Assoziationen aus. Warum muß für die 65 Prozent der Paßbetrüger und 75 Prozent der „minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge“ mit starkem Bartwuchs Empathie erzeugt werden? Die Wehling-Orwellsche Sprach-Weichmacherei kann nur in politischer Korrektheit enden: Wehling erklärt: Menschen haben mehr Angst vor einem Wirbelsturm Harry als vor Wirbelsturm Susi. Sie evakuieren schneller und mehr Menschen überleben.
Da hilft den beiden Frauen ein ebenso schlichtes wie törichtes Rezept der Sprechreform: Im zuerst genannten Beispiel ist es ganz einfach: Sie sagt statt Flüchtling einfach der oder die Geflüchtete. Fertig. Das Wort ist für unser Gehirn viel näher am Fakt – denn es beschreibt einen Menschen. Nun ist es auch wichtig, die Wörter des Gegners nicht zu benutzen, also praktisch ein Wörterverbot zu beachten: ... Ganz wichtig ist dabei, die Frames nicht auch noch selbst zu verwenden. Denn auch, wenn man sie verneint, startet im Gehirn trotzdem dasselbe Programm... Aber Fräulein Zobel führt noch weitere Punkte der Wehlingschen Sprachhygiene vor: 2. Metaphern
Eine besondere Form des Framings sind Metaphern.
... es gibt auch Metaphern, die unser Gehirn bereits lernt, wenn wir noch Kleinkinder sind...
...Die Reformpläne von Partei X sind abstoßend oder Mit der Gesellschaft geht es bergab?
Die verwendeten Metaphern lösen intensive unbewusste Reaktionen aus. Dadurch ziehen Argumente wie diese besonders stark. Eine besonders aparte Empfehlung ist, seinem Gehirn nie zu trauen. Das wäre mal ein Tip für alle religiösen und politischen Fanatiker, rechts wie links: 3. Traue niemals deinem Gehirn.
... Alle Wörter, die der Körper mit konkreten Handlungen oder Sinneseindrücken verknüpft, sind ähnlich intensiv wie die Metaphern. Hört Franziska also beispielsweise einen Satz wie Kandidatin X ist einfach nur widerlich, dann werden in ihrem Gehirn dieselben Regionen aktiv, die auch losfeuern, wenn sie echten Ekel erlebt. Das beste Beispiel für solchen Sprachmißbrauch ist die Penetranz der Linken, alle, denen die Nation mehr ist als eine bloße Wohn- und Raffgemeinschaft, als „Nazis“ zu bezeichnen – das heißt mit der seit 70 Jahren üblichen Bezeichnung für Faschisten und potentielle Judenmörder. Wenn Menschen solche Aussagen hören, dann reagiert dieselbe Region im Hirnscan, die auch aktiviert ist, wenn wir ihnen Fischgeruch in die Kabine blasen oder Bilder vorlegen von Menschen, die sich übergeben, oder von eitrigen Wunden", sagt Wehling.
4. Wer sich ekelt, ist konservativ.
Das konservative Gehirn ekelt sich stärker als das progressive Gehirn. Das ist allerdings eine für manche überraschende Erkenntnis. Die Konsequenz kann nur sein: Eine Erziehung zur Progressivität muß schon im Kleinkindalter beginnen mit der Gewöhnung an Ekel und Unrat und fortgesetzt werden mit der Gewöhnung an Fisten und Salafisten im „Bento“-Alter, damit die konservativen Gehirne im Ernstfall nicht noch mehr nach rechts ausflippen. Die chaotischen Kinderhorte der 68er waren danach durchweg sinnvoll: Für eine neue, noch nicht veröffentlichte Studie, haben Wehling und ihre Kollegen in den USA sowohl eine Gruppe extrem konservativer Probanden untersucht sowie eine Gruppe extrem progressiver. Danach wurde gemessen, was in deren Köpfen passiert, wenn man sie mit den Ekelmetaphern konfrontiert. Das Ergebnis laut Wehling:
Das konservative Gehirn flippt aus.
Besonders erschreckend: Je mehr die Probanden mit Ekelmetaphern bombardiert wurden, desto weiter rutschten sie in folgenden Befragungen politisch nach rechts. ...
5. Denk mal über deine Familie nach.
...
In der Forschung von Wehling kam heraus:
• Je strenger die Erziehung in einer Familie war, desto konservativer sind später die politischen Positionen. ...
Puh, jetzt rattert das Gehirn ordentlich.
... Was am besten hilft? Sich das bewusst machen. Und seine Frames kennen, wie Wehling sagt.
bento.de 10.5.2017 Das hat etwas Religiöses: Eigene Erbsünden erkennen und durch Selbstverleugnung die politisch korrekte Erlösung erlangen.
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