Erkennbar gefälschte Orthographie:
Die „Welt“ bespricht „Das Buch des Jahres“. Ob nun die Briefe von Handke und Unseld/Suhrkamp herkömmlich oder in eszettloser Rechtschreibung verfaßt wurden, die Heyse-ss/ß verraten die Textfälschung. Wie es im Buch selbst gehandhabt wird, kann hier nicht überprüft werden:
Zum 70. Geburtstag von Peter Handke erscheint der Briefwechsel mit seinem Verleger Siegfried Unseld…
Im April 1969 liest Peter Handke mit großem Interesse den Briefwechsel zwischen Hermann Hesse und seinem Verleger Peter Suhrkamp…
Er schreibt das nicht ohne Hintergedanken: Ich will damit nicht andeuten, dass es bei mir ganz und gar anders ist, aber die Information ist jedenfalls viel schütterer. … Trotz der raschen Erfolge gibt es frühe Misstöne, zunächst bei scheinbaren Petitessen wie einem unabgesprochenen Zeitschriftenabdruck. Schon 1966 baut Unseld vor: Wir müssen uns doch darauf einstellen können, dass wir uns auch kurz gefasste Wahrheiten zu sagen vermögen.…
1975 fast die gleiche Situation. Am Telefon hatte sich Unseld erkundigt, was Handke gerade so täte. Der hört daraus eine Haltung, als lebte ich in den Tag hinein (was ich natürlich manchmal tue, weil es wichtig für die Arbeit und außerdem etwas Menschenwürdiges ist), und Du müsstest mich zu etwas anspornen. Dem ist nicht so, und sollte nie so sein. Ich habe für mein Leben etwas vor, das ich mir selber vorgenommen habe, und das macht mich stark.
Tatsächlich ist Handke über etwas ganz anderes verstimmt: nämlich über die vermeintlich maue Reaktion des Verlegers auf sein neues Buch. Unseld war zwar begeistert (was Handke ihm nicht abnimmt), hatte aber dann gesagt: Dieses Buch wird seine Leser finden. Handke ist völlig von der Rolle: Was Du da sagtest, schlug mir ein richtiges Loch ins Bewusstsein – es war nicht nur nichtssagend und erschreckend unpersönlich, sondern auch bezeichnend.…
Diese Fixierung auf Verkaufserfolge irritierte sogar den Kaufmann Unseld. Über einen Besuch bei Handke 1975 schreibt er: Sonst eher Freundliches; er fragte zum ersten Mal nicht nach den Absatzzahlen seiner Bücher, obschon ich diese parat hatte. Als wir dann doch auf dieses Thema kamen, und ich ihm sagte, dass in diesem Jahr das 'Wunschlose Unglück' mit 50.000 Exemplaren am besten verbreitet wurde, widersprach er mir mit dem Hinweis, dass die Taschenbuchausgabe des 'Tormanns' noch besser ginge. Das Ganze ist ein großes Thema für Handke, denn in seiner Küche hat er das Filmplakat der 'Falschen Bewegung' seinerseits plakatiert mit den laufenden, aus den 'Spiegel'-Nummern jeweils ausgeschnittenen Bestseller-Listen. Was ein Autor nicht alles macht.…
Zugleich verletzt Handke jede Kritik maßlos. Als die Linkshändige Frau verrissen wird, folgert er gegenüber Unseld, nach einigen Gläsern Wein: In der Bundesrepublik ist Größe nicht mehr möglich. Trotzdem wird er in den Achtzigern endgültig zu einem Klassiker. Ein Problem ist dabei, dass es auch noch andere von der Sorte gibt. Thomas Bernhard zum Beispiel, dessen Verstörung Handke 1967 noch für großartig hielt. 1987 lästert er in einem Interview über den Verlagskollegen. Unseld ist bedrückt. Handke stellt klar: Es ist so eine schamlose Schein-Literatur.
Doch das sollte noch nicht die härteste Prüfung sein. Am 27. April 1993 sieht sich Unseld genötigt, Pathos als letztes Mittel einzusetzen: Wir sind nun Jahrzehnte in der Beziehung Autor-Verleger gestanden, und ich meine, sie war produktiv; wir haben Höhen und Tiefen erlebt. Ich war stets in sicherem Glauben, dass wir, jedenfalls so lange ich auf der Brücke stehe, zusammenbleiben werden. Für mich bist Du der wichtigste Autor des Verlages.…
welt.de 3.12.2012
Ein pulsierendes Lebenswerk: Peter Handke, Siegfried Unseld: Der Briefwechsel. Suhrkamp Verlag, 726 S., 40 Euro minus 5 Cent.
Datierungshilfe für Kriminologen: Die Fälschung wurde nach der KMK-Konferenz von 2006 erstellt, denn vorher mußte das Du klein geschrieben werden.
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